09

Jul

2013

Von Kippfenstern und halben Balken


09.07.2013, 27°C


Mein Vater und seine Freundin sind eingetroffen und verbringen mit uns ihren zweijährlichen Deutschland-Besuch. Da es momentan nur ein sehr kleines Badezimmer gibt und gerade dieses Fenster Probleme mit der Kippfunktion hat, kam mein Vater auf die Idee, dass wir eben dieses zerlegen und reinigen sollten. Eine gute Idee, doch ich war bereits damit beschäftigt einen Balken als Türrahmen vorzubereiten, also arbeiteten wir einfach an zwei Kleinprojekten gleichzeitig.

Einen runden Holzbalken halbieren

Der Türchdurchgang ins Hobbyzimmer ist zu breit für eine "normale" Tür. Da die Abweichung von den gerade erstandenen Türen mit ca. 20cm zu groß ist für eine leichte Aufstockung der Seitenbalken, entschied ich mich einen alten Fachwerkbalken zu halbieren und die Hälften als Aufdopplung des Fachwerks zu verwenden. Dadurch würde der Türdurchgang (das lichte Maß) weit genug verringert um Platz zu lassen für die 93cm breite Tür inkl. Türzarge. Da meine große Makita nur eine Schnitttiefe von 100mm hat bei 90°, musste der ca. 180mm starke Holzbalken von zwei Seiten angeschnitten werden um ihn zu durchtrennen.

Das Problem mit rundem (oder halbrundem) Holz ist, dass zumindest eine Seite rund ist – das Holz bleibt also nicht wirklich liegen, außer man keilt es fest oder baut sonst eine Konstruktion. Ein weiteres Problem ist die senkrechte Führung der Handkreissäge auf die jeder Handwerker zurückgreifen müsste, sofern er nicht zufälligerweise Besitzer eines Sägewerks ist.

Holzbalken auf Holzböcken soll durchgesägt werden

Aus einer ersten Überlegung dazu entstand die Idee an jeder der beiden Seiten des Balkens ein Brett zu befestigen, welche im rechten Winkel zum Untergrund stehen würden. Der nicht vollständig durchdachte Ansatz dahinter war es die Trägerplatte der Handkreissäge auf den Brettkanten aufzulegen um einen senkrechten Schnitt zu garantieren.

Die Realität holte mich jedoch schnell ein, weil die Trägerplatte nicht so breit ist wie der Holzbalken, womit lediglich eine einseitige Auflage möglich wurde. Um dem entgegenzuwirken dachte ich an die Montage der Kreuzwasserwaage an der Handkreissäge. Leider klappte auch das nicht, da die Vibrationen beim Sägen für starke Blasenbildung sorgten und ein Lot nicht erkennbar war.

Kreuzwasserwaage an der Kreissäge montiert half nicht

Der erste Schnitt ist vollbracht

Letztendlich gelang der Schnitt trotzdem und glücklicherweise war dieser beim Umdrehen des Balkens sogar einigermaßen Lotgerecht gelungen.

Der Längsschnitt geht 10cm tief

Der Balken wurde umgedreht und der Schnitt ist senkrecht

Da die andere Seite des Holzbalkens nicht rund, sondern flach war, konnte ich den Balken einfach drehen um den zweiten Schnitt mit der Handkreissäge zu machen. Meine einzige Aufgabe bestand nun darin dem verborgenen Schnitt zu folgen.

Die Oberfläche sieht waagerecht aus

Beim Folgen des unten liegenden Schnittes half eine Bleistiftlinie und zur Stabilisierung des runden Holzes (die runde Seite lag nun auf den Holzböcken) kamen Holzkeile zum Einsatz. Holzkeile sind wirklich unverzichtbare Helfer in jeder Lebenslage :-) .

Der Holzbalken wurde seitlich unterfüttert als Stabilisation

Der durchtrennte Holzbalken

Irgendwann war es dann soweit und der Holzbalken lag in zwei Hälften vor mir. Natürlich war es mir nicht gelungen den gegenüberliegenden Schnitt zu treffen aber der Versatz war nur ungefähr eine Sägeblattbreite – also durchaus verschmerzbar.

Es blieb trotzdem eine 2mm hohe Differenzkante

Zwei Balkenhälften und der Türsturz

Reinigung der Fenstermechanik

Parallel zur Holzbalkenzerlegung bauten mein Vater und ich das Fenster aus dem Gäste-WC aus und wuschen es, denn das war letztendlich das Ziel der Aktion. Während mein Vater dem Fensterrahmen eine ordentliche Reinigung verpasste, machte ich mich an die Zerlegung der Fensterbeschläge.

Der Fensterpatient auf Holzböcken

Papa macht den Fensterrahmen sauber

Im Prinzip war es nicht sonderlich kompliziert die verschiedenen Elemente zu entfernen und zum Glück wurden überall die gleichen Schrauben verwendet – es gab also keinen Grund sich noch mühevoll einen Setzkasten anzulegen.

Fenster Beschläge Lehm Lehmputz

Wie auf den Fotos gut zu erkennen ist, haben die Fenster wirklich sehr viel Lehm schlucken müssen. Das war leider dem Umstand geschuldet, dass es noch Abrissarbeiten gab, als die Fenster schon eingebaut waren und wenn in der Hitze des Gefechts vergessen wird die Fenster zu schließen, dann legt sich schnell Abrisslehm dahinter ab. Zumindest gab es jetzt keinen Zweifel mehr daran, dass der Lehm tatsächlich die Ursache für die schlecht schließenden Fenster war ;-) .

Fenster Beschläge zerlegt mit Lehmputz darunter

Wie wir im Zuge unserer Arbeiten entdeckten, gab es ein paar kleine "Tricks" – oder sagen wir Verfahrensweisen – die zu beachten waren. Zum einen waren die einzelnen Elemente eindeutigen Bereichen oder Seiten des Fensters zugeordnet, zum Anderen hatten gerade die Ecken ganz bestimmte Verhakungsweisen – doch das hielt sich wirklich alles in Grenzen.

Es war jedoch erst beim Zusammenbau, dass wir die "Nullstellung" bemerkten. In dem Fall dieses Fensters gab es einen Strich an jedem der Verschiebbaren Elemente, an denen die Arretierungspilze ruhen mussten beim Zusammenbau. Anders ausgedrückt durften die Arretierungspilze während der Zusammensetzung nicht umherbewegt werden (also der Griff durfte nicht bewegt werden dabei).

Die Bebänderung wird auf bestimmte weise ineinander gehakt

Unter allen Bändern war Lehmdreck Lehmputz Lehmstaub

Die Schließfunktion eines Dreh- Kippfensters geht vom Griff aus. Mit der Drehung des Fenstergriffs werden also Metallriegel rund um das Fenster in Bewegung gesetzt um dann z.B. an der Seite, der Oberkante, sowie der Anschlagkante Arretierungspilze zu bewegen und somit die unterschiedlichen Positionen zu ermöglichen.

Entlang der Geraden Kante an welcher der Fenstergriff anliegt ist das kein Problem, doch wie bekommt man die mechanische Bewegung um die Ecke des Fensterflügels? Das wird mittels verschiebbaren Metallbändern in abgewinkelten Führungsschienen gelöst und ist in sich eine ziemlich coole Sache. Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel: Wenn die Metallbänder bzw. die Führungsschienen verdreckt sind, dann hat man Arbeit vor sich. Das musste mein Vater auch feststellen, weil er sich um die Reinigung eben dieser Bebänderten Winkel kümmerte, währen ich alle übrigen Rillen und Elemente einer ordentlichen Wäsche unterzog.

Die Bänder konnte wegen des Lehmstaubs sich nicht verschieben

Auch wenn wir jetzt kein Erfolgsbild bzw. Video zu dem funktionierenden Fenster haben, so kann ich versichern, dass es sich jetzt wirklich wieder Kippen lässt und auch sonst sehr geschmeidig auf- und zugeht. Damit fällt mir ein großer Stein vom Herzen, denn im Erdgeschoss gibt es einige Kandidaten die eine solche Reinigung brauchen; leider ist der Zeitaufwand nicht zu unterschätzen :-( .